Augen auf beim PKV-Verkauf

Nobilitas – DER Ansprechpartner in Sachen private Krankenversicherung
Augen auf beim PKV-Verkauf

Wie geänderte Provisionsbestimmungen und Lücken in den Musterbedingungen den Verkauf von substitutiven Krankenversicherungen verändern werden, respektive sollen.

Verfasst von Volker Ralf Lange

Herr Lange ist geprüfter Versicherungsfachmann (BWV) und als Organisationsdirektor für die Nobilitas Wirtschaftsberatung GmbH, Mannheim tätig, zuständig für die Region Nordrhein-Westfalen.


Seit April 2012 ist der PKV-Markt ein anderer. Der Gesetzgeber hat das Versicherungsaufsichtsgesetz aufgrund der bekannten negativen Entwicklungen zum 01. April 2012 reformiert.

Im Versicherungsaufsichtsgesetz in  § 12 Absatz 7 steht: Die Versicherungsunternehmen dürfen Versicherungsvermittlern für den Abschluss von substitutiven Krankenversicherungen in einem Geschäftsjahr keine Abschlussprovisionen oder sonstige Vergütungen gewähren, die insgesamt drei Prozent der Bruttobeitragssumme des Neuzugangs übersteigen. Die Bruttobeitragssumme entspricht der über 25 Jahre hochgerechneten Erstprämie ohne den Zuschlag gemäß Absatz 4a. ….. Die im Einzelfall für den Abschluss gewährte Abschlussprovision und sonstige Vergütung darf 3,3 Prozent der Bruttobeitragssumme des vermittelten Vertrages nicht übersteigen.“

Darüber hinaus wurde auch die Stornohaftungszeit erhöht. Demnach lautet der § 80 Absatz 5 des Versicherungsaufsichtsgesetzes: „Die Versicherungsunternehmen müssen sicherstellen, dass zumindest im Falle der Kündigung eines Vertrages durch den Versicherungsnehmer, … in den ersten fünf Jahren nach Vertragsschluss der Versicherungsvermittler die für die Vermittlung eines Vertrages der substitutiven Krankenversicherung … angefallene Provision nur bis zu der Höhe einbehält, wie diese nicht höher ist als der Betrag, der bei gleichmäßiger Verteilung der Provision über die ersten fünf Jahre seit Vertragsschluss bis zum Zeitpunkt der Beendigung, des Ruhendstellens oder der Prämienfreistellung angefallen wäre. ….“

Durch die damalige Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und der damit einhergehenden Beschränkung der Abschlussprovision wie auch der Verlängerung der Stornohaftungszeiten müssen auch die letzten Vermittler die Produktqualität in den Vordergrund stellen, da andernfalls mit Recht ein Vertragsstorno und somit die Rückzahlung der Provision droht. Zudem dürfte es letztmalig zum 1. Januar 2013 eine Welle von Umdeckungen geben haben, hervorgerufen durch "Pilgergruppen", die von einem Maklerpool zum nächsten wandern und ihre eigenen Bestände umdecken. Diesem unsäglichen, für die Mandanten äußerst schädlichen Verhalten wurde durch diese neuen Provisionsregelungen und Stornohaftungszeiten ein Riegel vorgeschoben.

Schon seit Jahren hat sich der Qualitätsverkauf bei den seriösen Vermittlern immer mehr durchgesetzt. Objektive Merkmale, wie die Höhe der Altersrückstellung einer Gesellschaft im Verhältnis zur Anzahl der Versicherten, die Bewertung aller Kennzahlen und natürlich die Tarifmerkmale wie freie Arztwahl, Wahlleistungen im Krankenhaus, die Höhe der Zuzahlung zum Zahnersatz wie auch dessen Qualität etc. traten und treten immer mehr in den Vordergrund. Zusätzlich betrachten viele Vermittler die Beitragsentwicklung der letzten Jahre. Wie viele Beitragsanpassungen gab es? Wie hoch waren diese insgesamt? Wie steht der Beitrag im Verhältnis zum Markt und zur GKV?  Spielt auch die Gesellschaftsform (VVaG oder AG) eine Rolle?

All diese Punkte sind außerordentlich wichtig, denn in der PKV geht es vordergründig nicht um den aktuellen Beitrag. Natürlich spielt dieser für den Mandant auch eine wichtige Rolle, denn er muss es sich schließlich leisten können, privat versichert zu sein. Dennoch sollte die Leistung im Vordergrund stehen. Die PKV kann nur dann die Erwartungen des Mandandten erfüllen, wenn sie alles leistet, was er erwartet; gerne auch mehr.

Aber reichen diese genannten Kriterien aus, um die Entscheidung zu Gunsten einer Gesellschaft und eines bestimmten Tarifes zu rechtfertigen? Aus meiner Sicht nein, denn in den Bedingungen der PKV lauern einige Fallstricke und Lücken, die der Vermittler kennen sollte, ja muss.

Die nachstehenden Beispiele sollen verdeutlichen, wo diese Stolperfallen lauern können.

Ausreichender Versicherungsschutz im Ausland

Im § 1 (4) der MB/KK 2009 steht:                     

(4) …Während des ersten Monats eines vorübergehenden Aufenthaltes im außereuropäischen Ausland besteht  auch ohne besondere Vereinbarung Versicherungsschutz. Muss der Aufenthalt wegen notwendiger Heilbehandlung über einen Monat hinaus ausgedehnt werden, besteht Versicherungsschutz, solange die versicherte Person die Rückreise nicht ohne Gefährdung ihrer Gesundheit antreten kann, längstens aber für weitere zwei Monate.

Wo lauern die Gefahren?

Nehmen wir einmal an, ein privatversicherter Mandant reist für vier Wochen nach Australien. Dann wäre diese Reise selbstverständlich abgesichert. Wenn er nun aber diese Reise plötzlich verlängern muss, weil beispielsweise der Flug in Folge eines Vulkanausbruchs oder eines terroristischen Aktes ausfällt, so ist er ab dem 32. Tag der Reise bei einer Reihe von privaten Krankenversicherern nicht mehr versichert; es sei denn, er ruft seine Versicherungsgesellschaft in Deutschland an und holt sich eine schriftliche Deckungszusage. Aber wer denkt schon daran, insbesondere bei dem in einem solchen Moment entstehenden Stress, dies machen zu müssen? Wer weiß überhaupt, dass er seine Gesellschaft zu informieren hat?

Zudem stellt sich die Frage, was ist, wenn ein privatversicherter Mandant innerhalb des ersten Monats schwer erkrankt und die Behandlung länger als zwei Monate dauert und er selbst dann noch nicht transportfähig ist? Wer trägt die Kosten ab dem 3. Monat?

Bei einigen Tarifen ist zudem ein Rücktransport aus dem Ausland nicht versichert. Es bedarf also einer diesbezüglichen Regelung im Teil II/III der Tarifbedingungen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass keinerlei summenmäßige Einschränkung (z.B. max. 10.000,00 Euro) vereinbart wird.

Lesen Sie mehr über Versicherungsschutz im Ausland, auf Urlaub oder Dienstreise

Ausreichender Versicherungsschutz in der Kindernachversicherung

Im § 2(2) der MB/KK 2009 steht:

Bei Neugeborenen beginnt der Versicherungsschutz ohne Risikozuschläge und ohne Wartezeiten ab Vollendung der Geburt.

Ergänzend heißt es hierzu im § 2 MB/KK 2009  Beginn des Versicherungsschutzes:

(1) Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt (Versicherungsbeginn), jedoch nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages (insbesondere Zugang des Versicherungsscheines oder einer schriftlichen Annahmeerklärung) und nicht vor Ablauf von Wartezeiten. Für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, wird nicht geleistet. …

Dazu ist auch §1(2) MB/KK 2009 zu betrachten:

Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; …

Wo lauern die Gefahren

Die Gefahren lauern in den Definitionen der einzelnen Begriffe:

Definition der Geburt: „Die Geburt ist mit dem Durchtrennen der Nabelschnur vollendet.“

Definition der Heilbehandlung: „Die Heilbehandlung beginnt medizinisch mit der Diagnose.“

Was ist, wenn bei einer Voruntersuchung eine Erkrankung des Kindes im Mutterleib festgestellt wird? Zum Beispiel ein angeborener Herzfehler. Dann gibt es eine Diagnose, die Heilbehandlung hat also begonnen. Für diese Fälle wird laut § 2 MB/KK 2009 nicht geleistet. Wer übernimmt nun die Kosten einer medizinisch notwendigen Herzoperation nach der Geburt, in der der angeborene Herzfehler, der bereits im Mutterleib diagnostiziert wurde, behoben wird?

Kosten für gemischte Anstalten

Im § 4 (5) MB/KK 2009
Umfang der Leistungspflicht steht:

5) Für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriums-Behandlungen durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, im Übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 4 erfüllen, werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. …

Wo lauern die Gefahren?

Hierzu muss man wissen: „Um Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von klassischen Krankenhausbehandlungen zu Kur- bzw. Rehabilitationsmaßnahmen zu vermeiden, enthalten die Versicherungsverträge die Vorgabe, dass Leistungen bei Behandlungen in Gemischten Krankenanstalten nur erfolgen, wenn die Versicherer zuvor eine schriftliche Leistungszusage erteilt haben.“ (Quelle: www.pkv-ombudsmann.de)

Solange sich der PKV-Versicherte vor einer stationären Krankenhausbehandlung in einer gemischten Anstalt eine Deckungszusage seines Versicherers einholt, gibt es keinerlei Probleme in der Leistungsabwicklung. Was aber geschieht, wenn der Mandant wegen eines Notfalls in eine gemischte Anstalt eingewiesen wird? Sei es aus Unwissenheit, dass es sich hierbei um eine gemischte Anstalt handelt, oder die Tatsache, dass er nicht bei Bewusstsein ist und somit gar keine Entscheidung treffen kann und diese Klinik die nächstgelegene, geeignete ist. Wer trägt dann die Kosten?

Zur Verdeutlichung der vorgenannten Problematik: Von ca. 6000 Kliniken in Deutschland handelt es sich bei rund 660 Kliniken um gemischte Anstalten; Tendenz steigend.

Lesen Sie mehr über die Problematik der gemischten Krankenanstalten

Vorsorgeuntersuchungen

In vielen Tarifen heißt es: “Vorsorgeuntersuchung werden nach den gesetzlich eingeführten Programmen, jedoch ohne Altersbegrenzung und ohne zeitliche Begrenzung gezahlt.“

Wo lauern die Gefahren?

In den gesetzlich eingeführten Programmen wird nicht immer die neueste und beste Medizin angewandt. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen:

Beim Gynäkologen wird die Mammographie (Röntgen) bezahlt, jedoch weder die Mammasonographie (Ultraschall), noch der HPV-Test , noch die Dünnschichtzytologie. 

Die Krankenkassen zahlen die vom Gastroenterologen durchgeführte Standardmethode ‚Hämoccult’ zur Früherkennung von Darmkrebs. Studien aber belegen, dass diese Methode längst nicht mehr dem Stand des labormedizinisch Möglichen entspricht, da bestenfalls drei von zehn Betroffenen diesen Darmkrebs überleben.

HaemImmun®, eine Alternative auf immunologischer Basis, entdeckt Blutbeimengungen früh und zuverlässig. In einer von EuroLab in Hainburg durchgeführten Studie an über 6000 Probanden (Östringer Modell) konnten 24 Darmkrebsfälle im Frühstadium entdeckt und geheilt werden: Kein einziger Patient ist an seiner Krankheit verstorben. Zudem ist der immunologische Test leichter zu handhaben. Gerade bei Darmkrebs lohnt es sich, wegen der hohen Heilungsrate bei früher Erkennung, die besten verfügbaren Diagnosemittel einzusetzen. (Quelle: www.gesund-bleiben.de)

Wer als Vermittler das Optimum an Leistung für seine Mandanten erreichen will, sollte daher immer „Vorsorgeuntersuchungen über gesetzlich eingeführte Programme hinaus werden erstattet“ vereinbaren, denn gerade bei der Früherkennung von Krankheiten sollte man keinerlei Kompromisse eingehen.

Erfahren Sie mehr zu Vorsorgeuntersuchungen

Leistungen im Kriegsfall

Im § 5 der MB/KK 2009 Einschränkung der Leistungspflicht steht:

(1) Keine Leistungspflicht besteht

a) für solche Krankheiten einschließlich ihrer Folgen sowie für Folgen von Unfällen und für Todesfälle, die durch Kriegsereignisse verursacht oder als Wehrdienstbeschädigung anerkannt und nicht ausdrücklich in den Versicherungsschutz eingeschlossen sind;

Wo lauern die Gefahren?

Was ist versicherungsrechtlich unter "Kriegsereignissen" zu verstehen? Sind mit diesem Begriff nur Kriege im engeren Sinn oder auch kriegsähnliche Unruhen gemeint? Kann man von einem Krieg in diesem Zusammenhang nur dann sprechen, wenn ein Staat dem anderen diesen offiziell erklärt? Gibt es Kriege nur zwischen Staaten oder beispielsweise auch mit terroristischen Gruppierungen? Wie sind "Innere Unruhen"/"Bürgerkriege" im eigenen Land/im Ausland, wie beispielsweise im Jahr 2011 in Ägypten und Libyen zu werten? Wie ist der Begriff "Kriegsereignis" abzugrenzen, beispielsweise von Terrorismus oder kriminellen Aktivitäten? Muss sich der privatkrankenversicherte Mandant außer um seine eigene sichere Ausreise auch noch um eine Deckungszusage für einen eventuell eintretenden Notfall bemühen? Wer übernimmt im Zweifelsfall die Kosten Ihres Mandanten?

Anschlussheilbehandlung

Die Anschlussheilbehandlung (Reha) wird von der privaten Krankenversicherung nicht übernommen, da diese kein vom Gesetz bestimmter Träger ist und auch in den Musterbedingungen die Reha ausgeschlossen ist.

Rehabilitationsträger (gem. § 6 SGB IX)

  • die gesetzlichen Krankenkassen
  • die Bundesagentur für Arbeit
  • die gesetzlichen Unfallversicherung
  • die gesetzlichen Rentenversicherung
  • die Alterssicherung der Landwirte
  • die Kriegsopferversorgung und die Kriegsopferfürsorge
  • die öffentlichen Jugendhilfe
  • die Sozialhilfe

(Hinweis: Die PKV ist hier nicht genannt.)

Einschränkung der Leistungspflicht (§ 5 MB/KK 2009)

d) für Kur- und Sanatoriumsbehandlung sowie für  Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger, wenn der Tarif nichts anderes vorsieht;

Wo lauern die Gefahren?

Solange Ihr Mandant über die gesetzliche Rentenversicherung versichert ist (z. B. als Angestellter), gibt es in der Regel keine Probleme. Was aber macht der Selbständige privatkrankenversicherte, der ausschließlich privat für das Alter vorsorgt? Wer zahlt seine Anschlussheilbehandlung?

Erfahren Sie mehr über die Kostenübernahme von Reha und Anschlussheilbehandlung

Außerordentliches Kündigungsrecht für Zusatzversicherungen

Im § 14 der MB/KK 2009 Kündigung durch den Versicherer steht:

(1) In einer der Erfüllung der Pflicht zur Versicherung dienenden Krankheitskostenversicherung (§ 193 Abs. 3 VVG) sowie in der substitutiven Krankheitskostenversicherung gemäß § 195 Abs. 1 VVG ist das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen. Dies gilt auch für eine Krankenhaustagegeldversicherung, die neben einer Krankheitskostenvollversicherung besteht.

Wo lauern die Gefahren?

Im § 14 der MB/KK 2009 ist nicht die Rede von der Krankentagegeldversicherung. Damit diese von Seiten des Versicherers, beispielsweise nach einer längeren Krankheit, nicht ordentlich gekündigt werden kann, muss in Teil II der Allgemeinen Versicherungsbedingungen hierzu eine Regelung getroffen worden sein.



Diese Beispiele sollen eine weitere Sichtweise auf die Auswahl einer Gesellschaft und eines Tarifes für ihren Mandanten geben. Denn der Mandant schließt heute einen Vertrag ab, der bestenfalls bis an sein Lebensende Bestand hat, und auf dessen Qualität er sich verlassen können muss.


Einige Versicherer haben in Ihren Versicherungsbedingungen Teil II/ III Regelungen getroffen, die alle diese Lücken schließen, viele Versicherer nur einen Teil, einige Versicherer jedoch sagen: "Wir halten uns an die Empfehlungen des PKV Ombudsmanns." Das ist löblich. Die Gefahr besteht darin, dass es dann nur eine Kulanzleistung ist. Was ist, wenn es dem Versicherer einmal schlecht geht? Ob Sie für sich und Ihren Mandanten dieses Risiko eingehen wollen, müssen Sie selbst entscheiden. Meine Mandanten und ich gehen lieber den Weg der größtmöglichen Sicherheit.


Beantworten Sie sich die Frage: Kann mein Versicherer mir kündigen?

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